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Linke siegen in bürgerlichem Kanton

Das Bild zeigt das Cover der Kantonalen Abstimmungszeitung mit einem draufgezeichneten Nein-Stempel.Es war doch eine Überraschung, das Nein des Stimmvolks zur Senkung der Unternehmenssteuer im Kanton Zürich. Bild/Zeichnung: Lorenz Steinmann

Die kantonale Abstimmung über die Steuersenkung für Unternehmen brachte einen eher unerwarteten Erfolg für die Linken und die grösseren Städte im Kanton Zürich. In der Stadt Zürich hingegen gab es keine Überraschungen.

Mit fast 55 Prozent Nein-Stimmenanteil verwarf das Stimmvolk heute im Kanton Zürich die Senkung der Gewinnsteuer für Unternehmen von 7 auf 6 Prozent. Damit kassierten der Regierungsrat sowie SVP, FDP, Mitte und die Wirtschaftsverbände eine bemerkenswerte Niederlage.

Der Stadtzürcher Kassenwart Daniel Leupi (Grüne) sagte es an der Medienkonferenz des Nein-Komitees vor einigen Wochen, und er wiederholte es heute vor den Medien. Der Steuerfuss sei nur ein Faktor bei der Standortwahl für Firmen. Wichtiger sei für Unternehmen das Gesamtpaket, also die Frage, was ein Standort über das Ganze zu bieten habe. Erreichbarkeit, Lebensqualität und ja, Krippenplätze. Die Stadt Zürich als Beispiel brauche die Mittel, um die steigenden Investitionen zu finanzieren, etwa Schulen und den ÖV-Ausbau. Bemerkenswert war, dass auch Kloten Nein zur Vorlage sagte, obwohl hier die Steuern ebenfalls sprudeln und sich der Stadtpräsident für ein Ja aussprach. Doch die prognostizierten zehn Millionen Franken Einnahmeverlust waren eine zu hohe Hypothek.


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FDP spricht von Steuerhölle

Die FDP schreibt in einer Stellungnahme, dass „der Kanton Zürich mit diesem Nein weiterhin eine regelrechte Steuerhölle für Unternehmen bleiben“ werde. Der Fraktionspräsident der FDP im Kantonsrat, Claudio Zihlmann, lässt sich so zitieren: „Der Kanton Zürich wird damit leider in Zukunft weiter Unternehmen an andere Kantone verlieren, womit Steuersubstrat, Arbeits- und Lehrstellen verloren gehen werden.“

FDP-Kantonsrat Christian Müller kritisierte die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage scharf: „Die linken Falschaussagen, dass mit einer Steuersenkung für Unternehmen Steuersubstrat verloren geht, haben sich durchgesetzt. Dass diese Behauptungen schlicht falsch sind, zeigt die Erfahrung anderer Kantone.“

„Wie immer gilt im Kanton Zürich, was das Volk sagt, gilt es zu akzeptieren“, sagte Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) an einer Medienkonferenz.

Auch ländliche Gemeinden sagten Nein

Domenik Ledergerber, Präsident der SVP Kanton Zürich, kritisierte die Ja-Kampagne, angeführt von der Zürcher Handelskammer, als „zu brav“. Definitiv nicht erfolgreicher war aber offensichtlich die eigene Ja-Kampagne der SVP mit einem Bild der sinkenden Titanic und der Drohung, dass mit einem Nein zur Steuersenkung der Kanton untergehe. Viele kleine Landgemeinden, die in der Regel bürgerlich wählen und abstimmen, sagten heute ebenfalls Nein – etwa die Gemeinden Turbenthal, Hagenbuch, Rafz und Dorf.

Und so lautet das Endresultat zur Vorlage für die Steuersenkung: 45,5 Prozent Ja (149’962 Stimmende) zu 54,5 Prozent Nein (179’439 Stimmende). Die Stimmbeteiligung betrug eher magere 35,3 Prozent. Eine Schlappe für den Regierungsrat. „Wie immer gilt im Kanton Zürich, was das Volk sagt, gilt es zu akzeptieren“, sagte Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) an einer Medienkonferenz.

Stadtzürcher Exekutive darf sich freuen

In der Stadt Zürich holte die Exekutive hingegen drei klare Siege. Mit deutlichen Mehrheiten winkten die Stimmberechtigten alle drei städtischen Abstimmungsvorlagen durch. Die Flughafen-Vorlage, den Neubau der Wohnsiedlung Salzweg in Altstetten und die Erweiterung des Schulhauses Entlisberg in Wollishofen.

Am ehesten umstritten war noch die Vorlage für eine Schulhauserweiterung. Die SVP und die FDP lehnten die Vorlage ab. Hauptgrund waren die Kosten, denn das Budget stieg im Laufe der Planung von 34,5 Millionen Franken auf 54 Millionen. Für die Kritikerinnen und Kritiker ist dieser Kostensprung typisch, wie das etwa auch beim Projekt für ein neues Sportzentrum in Oerlikon der Fall sei.

Das Kostenargument habe aber offensichtlich nicht verfangen, bemerkte Stadtrat André Odermatt (SP) am Sonntag vor den Medien. Mit 68,5 Prozent Ja-Stimmen gab es eine ordentliche Zustimmung zum Millionenprojekt. Am knappsten war das Resultat in den FDP-Hochburgen, den Stadtkreisen 7 und 8, mit 59,5 Prozent Ja-Stimmen.

Noch zur trocken-tönenden Flughafen-Vorlage, dem „Übertrag der Beteiligung an der Betreiberin des Flughafens vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen, Objektkredit von rund 334,04 Millionen Franken“: Grüne und AL wollten, dass die Stadt ihre Flughafenaktien dereinst verkaufen kann. Aus ihrer Sicht steht eine Beteiligung am Flughafen Zürich im Widerspruch zu den klimapolitischen Zielen der Stadt und gehört nicht zu den städtischen Aufgaben. Diese Argumente zogen aber offensichtlich nicht genug. Die Nein-Kampagne schaffte es auf 27,5 Prozent Nein-Stimmen. Immerhin, wenn man einrechnet, dass die SP für den Übertrag der Aktien ins Verwaltungsvermögen war – zusammen mit der EVP, der FDP, der GLP, der Mitte und der SVP.

Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) äusserte sich erfreut über das Ergebnis. Die Stimmbevölkerung anerkenne mit diesem Ja den Wert der Mitsprache der Stadt Zürich bei dieser „wichtigen Infrastruktur“. Die Bevölkerung sei klar der Ansicht, dass die Stadt beim Flughafen mitreden solle, berichtete der „Tages-Anzeiger“.