In der Schweiz gibt es gut 3500 Strassenkreisel. Aber wohl nur einer wurde so schnell auf- und wieder abgebaut wie jener am Zürcher Birchplatz. Das Tiefbauamt schlampte bei der Geometrie, nahm Unfälle in Kauf und vergass beim Rückbau prompt einen Teil der Velomarkierungen. Eine Polemik.
In Oerlikon hat es eine Strassenkreuzung, die schon seit Jahren im Fokus der Stadtzürcher Planer steht. Die Kreuzung Regensberg- und Birchstrasse. Ein privates Planungsbüro erstellte im Auftrag der Stadt eine Studie, wie hier ein Kreisel für eine bessere Verkehrsführung ohne Ampelanlage sorgen könnte. Das Resultat: ein vierarmiger Kreisel! Und so erfolgte am 27. November 2024 eine öffentliche Mitteilung, dass hier eine „temporäre Verkehrsvorschrift“ eingeführt werde. Und zwar der Kreisverkehr am Birchplatz, geltend von November 2024 bis Ende Dezember 2030.
Der erstellte Kreisel wirkte dann aber von Anfang an ziemlich lieblos. In der Mitte ein kreisrunder Zaun, abgedeckt mit einer weissen Blache. Kein Schmuck, keine Kunst am Bau, keine der vielen Plastiken im Kreiselzentrum, welche die Stadt in ihren Lagern herumstehen hat. „Und der soll so bleiben bis 2030?“, fragte man sich.
Laut Onlineportal Blue News eine „irre Geschichte“
Tatsächlich erfolgte der Rückbau viel früher als in Aussicht gestellt – quasi in einer Nacht- und Nebelaktion und schon vor wenigen Wochen. Daraufhin hagelte es Kritik im Quartier und das „Tagblatt der Stadt Zürich“ sowie das Onlineportal Blue News berichteten darüber. „Kaum gebaut, schon abgerissen – die irre Geschichte des Birchplatz-Kreisels“, war der Tenor.
Dabei fiel auf, dass die Stadt eigentlich nur die halbe Wahrheit herausrückte.
„Der Kreisel am Birchplatz wurde bewusst als temporäre Lösung erstellt, um den Umleitungsverkehr wegen der Baustelle Binzmühlestrasse abwickeln zu können. Der Kreisel entsprach nicht der Norm für einen sicheren Kreisverkehr. Dazu müsste die Geometrie der Kreuzung in einem Strassenbauprojekt angepasst werden“, hiess es auch auf Anfrage von Rathuus seitens der Stadt.
Nicht der Norm entsprechend? Wer baut denn so etwas? Solche Fragen kommen auf, weil man es sich vom Staat eigentlich gewohnt ist, dass er sich an die Vorgaben hält.
Erst auf Nachfrage räumte die Stadt ein, dass man einen definitiven Kreisel vorgesehen habe. Doch im Rahmen der Budgetberatung für das Jahr 2023 habe der Gemeinderat entschieden, vorläufig auf die Umsetzung eines definitiven Kreisels zu verzichten. Schleierhaft blieb vorerst, warum überhaupt die Stadt zuerst und öffentlich einen Kreiselverkehr bis 2030 kommuniziert hatte.
Zusätzlich rückte die Stadt mit weiteren Einzelheiten heraus. „Ursprünglich war geplant, den temporären Kreisel bis zum Bau des Tram Affoltern bestehen zu lassen. Der Baubeginn des Tram Affoltern ist für 2028 vorgesehen, die Inbetriebnahme frühestens 2031“, so das Tiefbauamt. Eine temporäre Lösung über einen so langen Zeitraum hinweg aufrechtzuerhalten, sei aber nicht gerechtfertigt. Zudem hätten sich zwischen der Inbetriebnahme des Kreisels im November 2024 bis zum Rückbau sechs Unfälle, fünf davon mit Velofahrerinnen und Velofahrern, ereignet.
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