Es herbstelt in Paris. Unsere Kolumnistin Lara Alina Hofer (23) schlendert durch die Champs-Élysées. Mit Rilke und Pablo Neruda an ihrer Seite wird fleissig über Liebe im politischen Kontext diskutiert. Ein Bruch mit dem modernen Dating. Früher war alles besser. Und gibt es überhaupt noch Hoffnung?
Es ist ein sonniger Herbsttag, die Blätter fallen im Sekundentakt von den Bäumen und rascheln beim Gehen unter den Stiefeln, als wollten sie einem davon abhalten. Like you can see in trees, everything beautiful leaves. Und ich mittendrin: der Champs-Élysées entlangspazierend, Kaffee in der Rechten, Croissant in der Linken, den Mantel bis oben zugeknöpft, weil ein Wind weht.
Und Rilke! Der mich durch die Gassen jagt und mir höllischen Druck macht mit seinem Herbstgedicht: “Wer jetzt alleine ist, wird es lange bleiben! Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr!”
Romantik provoziert. Der Vollmond spioniert. Redet mir ins Gewissen. Verfolgt mich. Während ich, wie jedes Jahr zu dieser Zeit, alleine in Paris bin, mit einem leidenden und sehnsüchtigen Herzen, und Rilke! Der mich durch die Gassen jagt und mir höllischen Druck macht mit seinem Herbstgedicht: “Wer jetzt alleine ist, wird es lange bleiben! Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr!” Pssst, Rilke, halt die Klappe. Ich ertrage dich grad nicht.
Es gibt einen Mann, den ich liebe, und der mich liebt, so sagt man es sich zumindest, und doch bin ich allein in Paris, nicht dass ich es bedauern würde, aber es ist im Grunde doch bedauerlich. Weil es “kompliziert” ist, weil man sich “nicht sicher” ist, weil es “Effort” braucht, weil einer “avoidant” und einer „anxious“ ist. (Lest euch endlich ein in diese Attachment Styles!). Ja, Erklärungsversuche gibt es viele.
Ich muss jetzt an Vater denken, der meiner Mutter nach einer Pause ein Herz aus Holz geschnitzt und geschenkt hat. Ein Herz aus Holz. Nicht aus Stein. Das sich entflammen lässt. Das brennt! Bild: Lara Alina HoferIch stehe vor dem Louvre und zerbreche mir den Kopf über all diese Möglichkeiten und nerve mich zugleich darüber, dass ich mir den Kopf zerbreche, während ich vor dem Louvre stehe. Liebe sollte genug sein. Romantik sollte genug sein. Eine echte Liebesbeziehung sollte nicht zu viel verlangt sein. Eine Pause ist die Hölle. Ich mache jetzt keine Pausen mehr. Schreite zügig weiter.
Ich muss jetzt an Vater denken, der meiner Mutter nach einer Pause ein Herz aus Holz geschnitzt und geschenkt hat. Ein Herz aus Holz. Nicht aus Stein. Das sich entflammen lässt. Das brennt! Und jetzt Pablo Neruda, der Rilke vom Trottoir stösst und mir ins Ohr flüstert: “My love, we have found each other hungry, and we bit each other, as fire bites, leav…

Rathuus-Autorin Lara Alina Hofer ist allein in Paris unterwegs, wie jedes Jahr. Mit einem leidenden und einem sehnsüchtigen Herzen – und Rilke! Bild: Lara Alina Hofer
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