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Ein zweiter Jahrhundertwurf

Auf dem Bild sind André Odermatt, Karin Rykart, Simone Brander und Michael Baumer vom Zürcher Stadtrat zu sehen.Sie stehen hinter dem Riesenprojekt und posieren extra fürs Rathuus (v. l.): André Odermatt (SP), Karin Rykart (Grüne), Simone Brander (SP) und Michael Baumer (FDP) vom Zürcher Stadtrat. Bild: Lorenz Steinmann

Die Neugestaltung des öffentlichen Raums rund um den Hauptbahnhof Zürich bietet viel städtebauliches Potenzial. Das Projekt erinnert an einen anderen Jahrhundertwurf: den Bau der Quaianlagen in den 1880er-Jahren durch Arnold Bürkli. Kritische Stimmen gab es damals viele. Das ist heute nicht anders.

Es waren blumige Worte, die die „Neue Zürcher Zeitung“ am 23. Mai 1881 – also vor gut 144 Jahren – wählte: Die 1780 gegründete Tageszeitung schrieb, dass der Quai „auf die Dauer den Vortheil [sic] der herrlichen Lage Zürichs am See zur vollen Geltung bringen“ werde. „Derselbe wird namentlich für Zürich als Fremdenstadt von grösster Bedeutung sein!“

Damals wagte die Stadt Zürich einen grossen Wurf und investierte unter dem damaligen Stadtbaumeister Arnold Bürkli mit 13 Millionen Franken etwa 35 Prozent ihres Jahresbudgets für den Bau der Quaianlagen.

35 Prozent, das wären heute gut 3,8 Milliarden Franken. Vorangegangen waren in den 1870er-Jahren gehässige öffentliche Diskussionen darüber, ob und wie eine neue, dominante Eisenbahnlinie entlang des Seeufers gezogen werden sollte. Das als „eiserner Ring“ in die Geschichte eingegangene Projekt sah eine Doppelspur am damaligen Seeufer beim heutigen Bürkliplatz und beim Bellevue vor, mit einer mächtigen Eisenbahnbrücke über die Limmat beim Bauschänzli. Der Rest mit der gelungenen Alternative, der Quaianlage, ist bekannt.

Die damalige Auseinandersetzung ist ein Beispiel dafür, wie Stadtentwicklung und Verkehr harmonieren können. Man kann sich Zürich ohne General-Guisan-Quai, Bürkliplatz oder Utoquai überhaupt nicht mehr vorstellen.

Auf dem Bild zu sehen die Bauarbeiten im Jahr 1882 für den neuen Quai am Zürichsee im Engequartier.Sieht heute komplett anders aus: Von 1881 bis 1887 wurde die Quaianlage in Zürich mit einem immensen finanziellen Aufwand gebaut. Bild: Baugeschichtliches Archiv, Dominik Lenz

Autoverkehr soll für Bäume und Menschen Platz machen

Stadtentwicklung und Verkehr sind auch die Kernthemen im Zusammenhang mit dem am Mittwoch vorgestellten Weissbuch „Aufbruch in den Stadtraum Hauptbahnhof 2050“. Eine Viererdelegation des Stadtrats skizzierte ziemlich detailliert, wie und warum man das Gebiet um den Zürcher Hauptbahnhof fundamental verändern wolle. Künftig soll der HB nicht nur Verkehrsknotenpunkt mit 400’000 ÖV-Passagieren und vielen Autos sein, sondern vor allem Erholungsraum. Man will dafür den Autoverkehr grösstenteils verbannen und mehr Platz für Bäume und die Bevölkerung schaffen.

Laut den Behörden weist das Gebiet grosse Defizite auf, vor allem für Fussgängerinnen und Fussgänger. Heute sind täglich 700’000 Menschen im und um den HB unterwegs. 2050 könnten es sogar noch 200’000 Leute mehr sein. „Es soll in Zukunft mehr Freude machen, zu Fuss unterwegs zu sein“, sagte Grünen-Stadträtin Karin Rykart.

Der Stadtrat verweist darauf, dass eine im Jahr 2014 von allen Parteien unterzeichnete Motion Treiberin des Megaprojekts gewesen sei.


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Die Visualisierung zeigt den zukünftigen HB-Raum aus der Vogelperspektive etwa im Jahr 2050.So soll laut dem Weissbuch "Aufbruch in den Stadtraum Hauptbahnhof 2050" der Raum rund um den HB dereinst ausschauen. Es dominieren Tramgleise sowie zu Fuss gehende. Visualisierung: Atelier Brunecky

FDP moderat, SVP spricht von abgewürgtem Verkehr

Die Reaktionen auf den von den Medien stark beachteten Anlass waren durchaus erwartbar. Die NZZ urteilte kritisch: „‚…

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